In seinem 1931 erschienenen satirischen Roman »Fabian« mit dem Untertitel »Die Geschichte eines Moralisten« karikiert Erich Kästner die Zustände in Deutschland, vor allem in Berlin, zur Zeit der Weimarer Republik. Die Handlung spielt Ende der zwanziger Jahre und während der Weltwirtschaftskrise bis 1930. Der zweiunddreißigjährige Germanist Dr. Jakob Fabian arbeitet als Werbetexter für eine Zigarettenfirma. In der Rolle eines ironischen Beobachters wartet er darauf, dass die Menschen besser und anständiger werden.
Während seiner nächtlichen Streifzüge durch Berlin lernt Fabian in einem Etablissement die aufdringliche Irene Moll kennen, die Fabian mit in ihre Wohnung nimmt. Einer Vereinbarung mit ihrem Ehemann gemäß stellt sie diesem ihre Liebhaber vor, bevor sie mit ihnen schläft. Empört verlässt Fabian die Wohnung. Er begegnet dem Redakteur Münzer, der ihn auffordert, ihn zur Schlussredaktion zu begleiten. Hier erfährt Fabian, wie die Presse die Menschen bewusst manipuliert, statt aufklärend und meinungsbildend zu wirken.
In seiner Tätigkeit als Werbetexter vermag Fabian keinen Sinn zu erkennen und meint seinen Platz in der Welt noch nicht gefunden zu haben. Sein Freund Stephan Labude dagegen wartet nach fünfjähriger intensiver Arbeit auf die Beurteilung seiner Habilitationsschrift über Lessing. Labude bedauert, dass Fabian kein Ziel im Leben und keinen Ehrgeiz habe. Fabian räumt ein, dass er sich zur Zeit darauf beschränke die Menschen zu beobachten, inwieweit sie sich für ein vernünftiges und anständiges Leben eignen. Die Freunde sind sich einig, dass die Epoche einen provisorischen Charakter habe. Fabian begründet seinen Pessimismus damit, dass der Einzelne nicht besser sein könne als das System.
In einem Tanzlokal machen sich zwei Animierdamen an die Freunde heran, die sich zögernd darauf einlassen. In einer abgelegenen Nische begegnet Fabian der betrunkenen Irene Moll. Labude und Fabian machen sich von den Damen los. Auf der Straße finden sie zwei verletzte Männer, zwischen denen es eine politisch motivierte Schießerei gegeben hat. Es handelt sich um einen »Nazi« und einen »Kommunisten«. Der behandelnde Arzt im Krankenhaus macht die katastrophale Wirtschaftslage für die zunehmenden Ausschreitungen verantwortlich.
Die Freunde besuchen ein Kabarett, in dem Menschen auftreten, die sich gegen Bezahlung verlachen und verspotten lassen.
Labudes Vater ist ein reicher Justizrat, dessen Frau monatelang in der Schweiz quasi getrennt von ihm lebt. Eltern und Sohn sind sich fremd.
Als Labude wegen der Gründung einer radikalbürgerlichen Initiativgruppe in Hamburg ist, entdeckt er, dass seine langjährige Verlobte Leda ihn betrügt. Erschüttert erzählt er seinem Freund Fabian davon.
Im Atelier der lesbischen Bildhauerin Reiter, in dem es sexuell freizügig zugeht, lernt Fabian Cornelia Battenberg kennen. Die beiden verlieben sich ineinander. Nach der ersten gemeinsamen Nacht ist Fabian guter Dinge und bereit, einen Sinn in seinem Tun zu finden und Verantwortung zu übernehmen. So erscheint er im Büro und erfährt, dass er – wegen Senkung des Werbebudgets – gekündigt ist.
Am selben Tag begegnet er dem Erfinder Professor Kollrepp, der sich mit Selbstvorwürfen quält: Seine genialen Erfindungen hätten zu Rationalisierungen geführt und seien verantwortlich für die Massenarbeitslosigkeit.
Fabian hat ein liebevolles Verhältnis zu seiner Mutter, die ein Leben lang hart gearbeitet hat. Sie kommt ihn überraschend für eine Nacht besuchen. Fabian täuscht seiner Mutter vor, zur Arbeit zu gehen. Zufällig begegnet er Frau Moll, die erzählt, dass ihr Mann wegen Unterschlagung vor der Polizei auf der Flucht sei. Sie selbst habe ein Männerbordell eröffnet, das von reiferen reichen Damen gern besucht werde. Die angebotene Stelle als Sekretär lehnt Fabian angewidert ab.
Während Cornelia in der Filmbranche für ihre Dissertation in Rechtswissenschaften recherchiert, bekommt sie ein Rollenangebot. Der Preis für die Rolle ist ein Verhältnis mit dem dicken und unsympathischen Filmdirektor. Deshalb verlässt Cornelia den arbeitslosen Fabian wenige Tage nach ihrer ersten Begegnung mit der Behauptung, es für sie beide zu tun. Sie bittet ihn, sich am nächsten Tag mir ihr in einem Café zu treffen. Fabian ist verzweifelt.
Auf einem Rummelplatz sucht er die Nähe zu einer fremden Frau und gibt in deren Wohnung den ungestümen Liebhaber. Resigniert denkt er danach an Cornelia. Er trifft sie am Nachmittag und malt ihr eine bedrückende Zukunft aus, in der sie sich daran gewöhnen wird mit Männern zu schlafen, die ihrer Karriere nützen. Cornelia weint und will Fabian nicht verlieren. Aus Furcht vor seinem leeren Zimmer geht Fabian zu der verheirateten Frau vom Rummelplatz zurück und lässt sich widerwillig von ihr umsorgen. Am Abend taucht unerwartet deren Ehemann auf und wird handgreiflich.
Der missgünstige Assistent des Geheimrats, der Labudes Habilitationsarbeit beurteilt hat, teilt Labude mit, dass seine Arbeit nicht nur durchgefallen, sondern eine Blamage sei. Das berufliche Scheitern nach dem persönlichen mit Leda sei zuviel für ihn, schreibt Labude Fabian in einem Abschiedsbrief, bevor er sich erschießt. Nach Labudes Tod stellt sich heraus, dass es sich in Wirklichkeit um eine ausgezeichnete Arbeit handelt und der Assistent sich einen bösen Scherz erlaubt hat.
Fabian ist einsam und empfindet Ekel gegenüber den Menschen. Seine Bewerbungsschreiben erhält er zurück: Es gibt keine freien Stellen. Fabian bekommt Zweifel, ob die allgegenwärtige Anständigkeit der normalen Menschen tatsächlich wünschenswert sei. Er fährt mit dem Zug zu seinen Eltern.
Im Zug trifft er Irene Moll, deren Etablissement angezeigt wurde, und die vor der Polizei flieht. Sie hat viel Geld und bittet Fabian sich mit ihr im Ausland niederzulassen. Fabian wendet sich ab.
In seiner Heimatstadt besucht Fabian sein ehemaliges Internat und die Kaserne. Es scheint sich wenig verändert zu haben, nur seine Jugendliebe Eva ist dick geworden und mit einem Arzt verheiratet. Mit seinem früheren Klassenkameraden Wenzkat, der rechte politische Ansichten vertritt, besucht er ein Bordell. Fabian kommt zu dem Schluss, dass Deutschland in der Provinz nicht Fieber, sondern Untertemperatur habe.
Die Stelle bei der rechts stehenden »Tagespost« lehnt er ab, weil er seine Seele nicht verkaufen will. Er plant mit dem Geld, das Labude ihm hinterlassen hat, in das abgelegene Erzgebirge zu fahren und inmitten der Natur auf den Ruf zu warten, der ihm und seinesgleichen gilt.
Als am nächsten Tag ein kleiner Junge von einer Brücke fällt, springt Fabian hinterher, um ihn zu retten. Während der Junge ans Ufer schwimmt, ertrinkt Fabian, weil er nicht schwimmen kann.
Mit diesem Roman wollte Erich Kästner am Vorabend der nationalsozialistischen Machtübernahme »vor dem Abgrund warnen, dem sich Deutschland und damit Europa näherten«, wie er 1950 im Vorwort zur Neuauflage schreibt. Im Mittelpunkt seiner Kritik steht die abwartende Passivität derjenigen, die die gesellschaftlichen Verhältnisse durchschauen – ein Thema, das bis heute nicht an Aktualität verloren hat.
Der ursprüngliche Titel des Buches »Der Gang vor die Hunde« wurde vom Erstverleger ebenso abgelehnt wie die Veröffentlichung des Kapitels »Der Herr ohne Blinddarm«, das wir der Vollständigkeit halber in die Kapitelübersicht aufgenommen haben.